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Hi,
ich würde gerne wissen, wieso der Preis einer Option unabhängig von seinem Trend ist. Bei zwei Aktien A und B, von denen A einen starken Aufwärtstrend hat und B einen schwächeren Aufwärtstrend, müsste eine Call-Option auf A doch teurer sein.
Natürlich unter der Voraussetzung, dass sämtliche Parameter identisch wären (also Laufzeit, Strike, aktueller Kurs, Zins, Vola, Dividenden).
Warum ist aber der Optionspreis unabhängig vom Trend? Und wenn ich Black-Scholes richtig interpretiere besitzt eine Option immer den Wert 0, wenn die Vola 0 beträgt, oder? Wieso ist das so?
Danke schon mal
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(Antwort) fertig | Datum: | 07:15 Fr 12.10.2007 | Autor: | Josef |
Hallo,
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> ich würde gerne wissen, wieso der Preis einer Option
> unabhängig von seinem Trend ist.
Eine Option beinhaltet das Recht zu oder bis zu einem bestimmten Termin, ein bestimmtes Objekt zu einem schon heute festgelegten Preis (Basispreis) zu erwerben. Eine solche Option wird auch Call genannt.
Viele Grüße
Josef
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Hi,
danke für die Definition, aber meine Frage ist damit nicht beantwortet. Beispiel:
Aktie A hat heute den Kurs 100, ebenso wie Aktie B. Beide verfügen über dieselbe Volatilität und dieselben Dividendenauszahlungen.
Auf beide Aktien gibt es Call-Optionen mit Strike 100, einer Laufzeit von jeweils zwei Jahren. Der Marktzins gilt ja ohnehin für beide Papiere gleichermaßen.
Aktie A besitzt nun aber einen größeren Trend [mm] \mu_{A} [/mm] als Aktie B mit [mm] \mu_{B},
[/mm]
also [mm] \mu_{A} [/mm] > [mm] \mu_{B}.
[/mm]
Dann ist doch zu erwarten, dass der Kurs von Aktie A in zwei Jahren höher liegt als der Kurs der Aktie B, z.B. 140 gegenüber 130. In zwei Jahren kann ich die Option auf Aktie A mit einem Gewinn von 40 ausüben, die für Aktie B aber nur für 30.
Daher verstehe ich nicht, weswegen der Trend keinen Einfluss auf den heutigen Optionspreis haben soll.
Danke im voraus.
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Hallo,
der Trend eines Underlyings (Basiswert z.B. Aktie) hat keinerlei Einfluss auf den Preis einer Option! .... warum ist das so?
Du hast selbst von der Volatilität gesprochen. Die Frage dabei ist, um welche Art Vola handelt es sich dabei? .... die historische (also die realisierte) oder die implizite (vom Markt erwartete) Vola .... die historische kann durchaus gleich sein, die implizite dürfte es bei zwei verschiedenen Underlyings nicht sein, denn über die implizite Vola wird bestimmt, welches Risiko im Underlying steckt; und das ist häufig trotz gleicher (oder ähnlicher) Unternehmen völlig unterschiedlich.
Und genau da liegt die Schwäche des BS-Modells, das über die gesamte Laufzeit von einer konstanten Vola ausgeht. Man kann zwar implizite Volatilitäten ableiten, die nach Strike und Laufzeit variieren. In die BS-Formel eingesetzt sind sie allerdings in der Annahme wieder konstant.
Das bedeutet, dass sich die Prämie rein aus dem Ausbleiben/Eintritt von Szenarien bestimmt und nicht dadurch, ob ein Underlying im Aufwärts- bzw. Abwärtstrend ist.
Viel besser als die BS-formel ist das Local Volatility Model, das keinen konstanten Ansatz für die Vola vornimmt, sondern diese von Strike und Laufzeit abhängig macht ..... Strike und Laufzeit sind die wesentlichen Bestimmungsfaktoren für die Volatilität (zwei Stichworte in dem Zusammenhang sind "Volatility Skew" (Vola-Abhängigket vom Strike-Price) und "Forward Curve" (Vola-Abhängigkeit von der Laufzeit).
Wenn Du jetzt Deine beiden Unternehmen hernimmst und sie fundamental betrachtest, dann kann es sein, dass der Markt (für das stärker trendende Unternehmen) in Kürze eine fundamentale Entscheidung erwartet (z.b. Vermarktung eines Pharma-Präparates), was auf das Risiko und damit die implizite Vola wirkt, die in der Prämie berücksichtigt ist. Für ein anderes Unternehmen im gleichen Sektor erwartet der Markt keine "großen" Entscheidungen, weshalb er die implizite Vola auch anders einschätzt.
Gruß
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(Antwort) fertig | Datum: | 14:25 Fr 12.10.2007 | Autor: | dormant |
Hi!
Das ist eine auf dem ersten Blick seltsame Erkenntnis, die auf mathematischen Tatsachen beruht. Kurz gefasst: in der Stochastik hat die Vergangenheit keinerlei einen Einfluss auf die Zukunft - aus der Geschichte der Preisentwicklung kann man keine Schlüsse auf den in der Zukunft zu erwartenden Preis.
Man kann sich das mathematisch so vorstellen - das Binomiamodell ist eine Art diskrete Approximation des BS-Modell. Im Binomialmodell ist offensichtlich, dass der Trend mathematisch keine Auswirkung auf den erwarteten Preis hat, da dieser durch eine Folge unabhängiger Zufallsvariablen beschrieben wird. Zwar kann man die Variablen so wählen, dass man sicher ist, dass ein Trend vorliegt, die sind aber unter sich unabhängig.
Wirtschaftlich kann man das so erklären - alle Informationen, die bis zu dem aktuellen Zeitpunkt bekannt sind, haben sich in dem Preis bereits niedergeschlagen. Daher kann man auf Grund der historischen Preisentwicklung keine neuen Aussagen über die Zukunft machen.
Gruß,
dormant
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Hi,
danke für die Antwort. Im Binomialmodell kann ich es mir nachvollziehen, aber in der Black-Scholes-Differentialgleichung...
[mm] dS=\mu [/mm] S [mm] dt+\sigma [/mm] S dW, mit W als Wiener Prozess, wird doch bereits ein Trend über die Zeit hinweg angenommen. Somit ist die zukünftige Entwicklung des Kurses doch per se bekannt, abgesehen von den Schwankungen des Wiener Prozesses?
Oder habe ich hier ein größeres Verständnisproblem, dann werde ich mir das ganze noch mal im Detail anschauen.
Danke auch für den Hinweis mit der Local Vol, ich kenne den Ansatz auch, und auch die Kritik an Black-Scholes. Aber damit konnte ich mir das Problem die obige Gleichung betreffend nicht erklären. Zumindest wirtschaftlich kann ich mir nun dank der beiden Antworten erklären, weswegen der Trend keine Rolle spielt.
Wenn ich euch richtig verstehe, geht man von einer Zufallsverteilung der Kursentwicklung aus, sodass auch vergangene Informationen keinen Einfluss auf den Kurs haben müssen. Dies kann ich aber nicht mit dem [mm] "\mu [/mm] dt" in der BS-Formel in Einklang bringen.
Danke im voraus
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Hi,
im Wiener Prozess geht man aber von normalverteilten Zuwächsen aus .... wenn dem so wäre, wäre ein etablierter Trend durchaus mathematisch zu bewerten ..... leider ist es aber so, dass Renditen nicht normalverteilt sind. Würde man dies tun und eine Normalverteilung im Preismodell unterstellen, würde das Risiko und damit auch die Prämie völlig falsch bestimmt werden.
Gruß
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Hi,
ich weiß ja selbst, dass Black-Scholes nicht mehr viel mit der Praxis zu tun hat, und von den "besseren" Investmenthäusern auch nicht mehr verwendet wird, jedenfalls nicht ohne weitere Annahmen und Ergänzungen wie dem Local Vol.
Leider weiß ich aber noch immer nicht, wieso der Trend im "falschen" Black-Scholes-Modell keinen Einfluss auf den Optionspreis hat.
Sorry, ich weiß nicht, ob wir aneinander vorbeireden, oder ob ich es einfach nicht verstehe, was du mir sagen willst.
Grüße, und danke schon mal.
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Hi,
aus welchem Faktor soll sich denn ein wie auch immer gearteter Trend herleiten (lassen)? Wenn Du Dir die BS-Formel anschaust, dann hast Du fünf preisbestimmende Faktoren (Kurs Basiswert, Strike, Restlaufzeit, risikoloser Zins, annualisierte Vola); keine dieser Faktoren lassen eine verlässliche Ableitung zu, welcher Trend bzw. dessen Stärke vorliegt.
Gruß
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