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(Frage) beantwortet | Datum: | 19:20 Do 30.08.2007 | Autor: | stambo |
A + B schließen einen Vertrag zur Gründung einer GmbH, die auf Führung eines Handelsbetriebes gerichtet ist. B soll Alleingeschäftsführer werden. Noch vor der Eintragung kauft B mit Zustimmung des A Möbel für die Eröffnung (5000).Außerdem kauft er ohne Zustimmung ein Bild für sein Büro (20000).Als A davon erfährt, kommt es zum Streit. A will dem Kauf nicht zustimmen. Daraufhin wird wegen des Streits der Eintragungsantrag zurückgenommen - es erfolgte also nie eine Eintragung. C fragt, von wem uns aus welcher Rechtsgrundlage er sein Geld verlangen kann?
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:44 Do 30.08.2007 | Autor: | Josef |
Hallo stambo,
> A + B schließen einen Vertrag zur Gründung einer GmbH, die
> auf Führung eines Handelsbetriebes gerichtet ist. B soll
> Alleingeschäftsführer werden. Noch vor der Eintragung kauft
> B mit Zustimmung des A Möbel für die Eröffnung
> (5000).Außerdem kauft er ohne Zustimmung ein Bild für sein
> Büro (20000).Als A davon erfährt, kommt es zum Streit. A
> will dem Kauf nicht zustimmen. Daraufhin wird wegen des
> Streits der Eintragungsantrag zurückgenommen - es erfolgte
> also nie eine Eintragung. C fragt, von wem uns aus welcher
> Rechtsgrundlage er sein Geld verlangen kann?
>
OLG Hamm v. 19.07.2006 20 U 214/05 NWB EN-Nr. 1183/2006
Gesellschaftsrecht ▶ Haftung der Gesellschafter einer fehlgeschlagenen Vor-GmbH
Wird eine Vor-GmbH vor ihrer Eintragung in das Handelsregister aufgelöst, finden grundsätzlich die Bestimmungen über die Auflösung der GmbH entsprechende Anwendung. Wollen und können die Gesellschafter die Eintragungsvoraussetzungen nicht mehr herbeiführen (sog. fehlgeschlagene Vorgesellschaft) und wickeln sie die Gesellschaft gleichwohl nicht alsbald im ordentlichen Verfahren ab, entfällt aber die Anerkennung als Vor-GmbH (in Liquidation). In diesem Fall müssen sich die Gründer als Personengesellschaft behandeln lassen mit der Folge persönlicher gesamtschuldnerischer Haftung. Nach Ansicht des OLG Hamm (Urteil v. 19. 7. 2006 - 20 U 214/05 ) ist die Gründung nicht erst bei definitiver Aufgabe der Eintragungs- und Abwicklungsabsicht der Gesellschafter, sondern bereits bei nachhaltiger Vernachlässigung der Herbeiführung der Eintragung fehlgeschlagen.
Fundstelle(n):
NWB Heft 43/2006
Schon bei der Vor-GmbH ist bei der Haftung zwischen dem Handelnden (regelmäßig: Geschäftsführer) und den Gesellschaftern zu unterscheiden.
Die Handelndenhaftung (§ 11 Abs. 2 GmbHG) [Bearbeiten]
Heute wird die Handelndenhaftung im Regelfall wohl nicht mehr auf Gründungsgesellschafter angewandt. (Ausnahmen je nach Fallgestaltung denkbar) Die frühere Rechtsprechung ging davon aus, dass die Gründer der GmbH sich schon durch das Einverständnis der Geschäftsaufnahme die Handelndenhaftung des § 11 Abs. 2 GmbHG auslösten (weiter Handelndenbegriff). Heute wird die Handelndenhaftung als reine Organhaftung verstanden. Dementsprechend kommen als Handelnde nur der Geschäftsführer oder solche Personen in Betracht, die wie dieser auftreten (faktischer Geschäftsführer). Nach dieser gefestigten Rechtsprechung sei das Maß an Verursachung für diejenigen Gesellschafter zu gering, die lediglich der Geschäftsaufnahme schon vor Eintragung zugestimmt haben.
Demnach trifft die Handelndenhaftung im Regelfall den in der Gründungsphase handelnden Geschäftsführer. Die Haftung gem. § 11 Abs. 2 GmbHG ist grundsätzlich akzessorisch zur Verpflichtung der Vorgesellschaft und greift nur bei rechtsgeschäftlich und rechtsgeschäftsähnlich begründeten Verbindlichkeiten ein.
Die Handelndenhaftung beginnt mit Abschluss des notariell Beurkundeten Gesellschaftsvertrages und erlischt mit Eintragung der GmbH in das Handelsregister. Sollte es zum Haftungsfall kommen, hat der Geschäftsführer jedoch Regressansprüche gegen die Gesellschaft gem. §§ 611, 675, 670 BGB oder im Wege der Unterbilanzhaftung.
Da die beschränkte Haftung der Gesellschafter erst dann greifen soll, wenn die GmbH im Handeslregister eingetragen und damit sichergestellt ist, dass insbesondere das Stammkapital zur freien Verfügung des Geschäftsführers steht, ist die Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 GmbHG auf die Vor-GmbH nicht ohne weiteres anwendbar. Vielmehr fehlen für diese Fallgestaltungen gesetzliche Haftungsregeln für die Gesellschafter. Diese Regelungslücken wurden durch die Rechtsprechung ausgefüllt.
Gescheiterte Eintragung: Verlustdeckungshaftung [Bearbeiten]
In diesen Fällen lässt die Rechtsprechung die Gesellschafter der Vor-GmbH für die nach Verbrauch des Stammkapitals verbleibenden, bilanziell ausgewiesenen Verluste haften. Dabei handele es sich in Analogie zur Unterbilanzhaftung um eine anteilige Innenhaftung (pro rata) der Gesellschafter gegenüber der Vor-GmbH, sodass die Gläubiger lediglich auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen können. Es sei ein Strukturprinzip des Kapitalgesellschaftsrecht, dass die Gesellschafter nur intern und pro rata haften. Zudem vermeide eine anteilige Innenhaftung einen Wettlaufs der Gläubiger in der Insolvenz der Gesellschaft. Denn indem der Insolvenzverwalter die Forderungen der Gläubiger geltend macht (§ 80 Abs. 1 InsO), werden nach insolvenzrechtlichen Maßstäben die Gläubiger gleichmäßig befriedigt. Es wird überwiegend davon ausgegangen, dass der Anspruch erst mit der Registereintragung oder mit Scheitern der Eintragung fällig wird. Eine laufende Verlustdeckungshaftung stoße auf erhebliche praktische Hindernisse, da bilanzielle Verluste nicht permanent berechnet werden und bis zum Scheitern der Vor-GmbH durch Gewinne wieder kompensiert werden können. Da die Verlustdeckungshaftung im Falle der Eintragung der GmbH völlig in der Unterbilanzhaftung aufgeht, wird sie nur im Falle des Scheiterns der Eintragung selbständig relevant.
Teilweise wird jedoch gefordert, die Gründer sollen hier den Gläubigern gegenüber analog § 128 HGB gesamtschuldnerisch und unbeschränkt haften. (gesamtschuldnerische Außenhaftung; Der Gläubiger könnte den gesamten Betrag von einem Gründer fordern. Dieser Gründer hätte dann gegen die anderen Gründer Ausgleichsansprüche) Vorgebracht wird, die Gläubiger seien beim Innenhaftungsmodell erheblichen Schwierigkeiten ausgesetzt: Bei Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH findet keine Durchgriffshaftung auf die Gesellschafter statt. Der Gläubiger muss einen Titel gegen die Vor-GmbH erwirken, die pro rata-Haftungsansprüche derselben gegen die Gründer (§§ 829, 835 ZPO) pfänden und durch Teilklagen und Teilvollstreckungen einfordern. Aufgrund dieser Kritik hat selbst der BGH zwei Ausnahmen seiner anteiligen Innenhaftung zugunsten einer gesamtschuldnerischen Außenhaftung anerkannt: Für Fälle der Einpersonengründung und der Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH.
Es handelt sich bei der Innenhaftung keinesfalls um gefestigte Rechtsprechung. Andererseits sind Innen- und Außenhaftung nicht nur durch unterschiedliche prozessuale Durchsetzbarkeit gekennzeichnet, sondern weisen auch hinsichtlich des Haftungsgegenstandes Differenzen auf: Während die Gläubiger durch die Außenhaftung Verbindlichkeiten jeder Art geltend machen können, entsteht die Verlustdeckungshaftung nur bei Verbindlichkeiten, die sich in der Bilanz eigenkapitalmindernd auswirken (Verluste). Nur dadurch wird letztlich ein angemessener Ausgleich zwischen Gläubiger- und Gründerinteressen erreicht. Auch aus rechtspolitischer Sicht wird der BGH eher an der Innenhaftung festhalten, da die Außenhaftung nur gering beteiligte Gründungsgesellschafter unangemessen benachteiligt und er andernfalls seine angestrebte, einheitliche Gründerhaftung für die Vor-GmbH aufgeben würde.
Fundstelle
Die GmbH-Gründung und die Haftung im Gründungsstadium gegenüber Dritten
Viele Grüße
Josef
Alle Angaben ohne Gewähr auf Richtigkeit; doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt ...
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