Gleichm. und L-Stetigkeit < Stetigkeit < Funktionen < eindimensional < reell < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
|
Status: |
(Frage) beantwortet | Datum: | 14:29 So 20.03.2011 | Autor: | phychem |
Hallo
Gemäss verschiedenen Informationen aus dem Internet ist die stetige Funktion
[mm] \IR \to \IR [/mm] , x [mm] \mapsto x^{2}
[/mm]
nicht gleichmässig stetig (s. etwa die Wiki-Artikel zu Gleichm. und L-Stetigkeit). Dabei wird eigentlich immer gleich argumentiert:
[mm] \bruch{|x^2-y^2|}{|x-y|}=|x+y| [/mm]
geht gegen unendlich, wenn die Funktion nicht auf ein kompaktes Intervall eingeschränkt wird (im Fall eines kompakten Intervalles ergibt sich die gleichmässige Stetigkeit ja auch aus dem Satz von Heine bzw. es liegt gemäss dem zweiten Mittelwertsatz sogar eine Lipschitz-Stetigkeit vor).
Ich kann diese Argumentation nicht so ganz nachvollziehen. Dies zeigt doch lediglich, dass die Abbildung nicht Lipschitz-stetig ist. Daraus kann man doch nicht schliessen, dass die Potenzfunktion nicht gleichmässig stetig ist?
Mir ist klar, dass für festes [mm] \delta>0 [/mm] und [mm] |x-y|=\delta [/mm] die Funktionswertedifferenz [mm] |x^2-y^2| [/mm] mit grösser werdendem x,y ebenfalls immer grösser wird, man also für jedes [mm] \varepsilon>0 [/mm] ein "beinahe undendlich kleines" [mm] \delta>0 [/mm] braucht, damit [mm] |x^2-y^2|<\varepsilon [/mm] für alle x,y mit [mm] |x-y|<\delta [/mm] gilt...aber es muss zumindest theoretisch ein solches existieren, da die Potenzfunktionfunktion ja stetig ist, man also in jedem Punkt x und für jedes [mm] \varepsilon>0 [/mm] ein [mm] \delta>0 [/mm] mit [mm] |x^2-y^2|<\varepsilon [/mm] für alle y mit [mm] |x-y|<\delta [/mm] findet....
Dann noch eine Frage zur reelle Quadratwurzelfunktion: Man kann ja relativ einfach beweisen, dass diese auf [mm] [0,\infty) [/mm] gleichmässig stetig und auf [mm] [a,\infty) [/mm] mit a>0 sogar Lipschitz-stetig ist (auf kompakten Intervallen ist sie natürlich immer Lipschitz-stetig). Wie sieht es denn mit [mm] (0,\infty)) [/mm] aus? Nur gleichmässig stetig?
|
|
|
|
Hiho,
> Ich kann diese Argumentation nicht so ganz nachvollziehen.
> Dies zeigt doch lediglich, dass die Abbildung nicht
> Lipschitz-stetig ist. Daraus kann man doch nicht
> schliessen, dass die Potenzfunktion nicht gleichmässig
> stetig ist?
doch.
Analog geschrieben wäre das ja:
[mm] $|x^2 [/mm] - [mm] y^2| [/mm] = |x-y|*|x+y|$
angenommen es gäbe nun zu [mm] \varepsilon [/mm] ein von x,y unabhängiges [mm] \delta, [/mm] dann würde für $|x-y| < [mm] \delta$ [/mm] ja gelten:
[mm] $|x^2 [/mm] - [mm] y^2| [/mm] = |x-y|*|x+y| [mm] \le \delta*|x+y|$
[/mm]
Und der Ausdruck soll kleiner sein als das [mm] \varepsilon, [/mm] was uns das [mm] \delta [/mm] geliefert hat.
Da der Ausdruck |x+y| aber beliebig groß wird und das [mm] \delta [/mm] unabhängig von x,y gewählt wurde (wie bei der glm. Stetigkeit ja vorausgesetzt), wird auch obiger Ausdruck beliebig groß und insbesondere grösser als jedes gewählte [mm] \varepsilon.
[/mm]
> Dann noch eine Frage zur reelle Quadratwurzelfunktion: Man
> kann ja relativ einfach beweisen, dass diese auf [mm][0,\infty)[/mm]
> gleichmässig stetig und auf [mm][a,\infty)[/mm] mit a>0 sogar
> Lipschitz-stetig ist (auf kompakten Intervallen ist sie
> natürlich immer Lipschitz-stetig). Wie sieht es denn mit
> [mm](0,\infty))[/mm] aus? Nur gleichmässig stetig?
Jop.
Das Problem hier ist, dass der Anstieg der Tangenten immer grösser wird, je näher du an Null herankommst.
D.h. die Lipschitzkonstante wächst unbegrenzt für jedes Intervall [mm] $[a,\infty), [/mm] a>0$ mit [mm] $a\to [/mm] 0$.
MFG,
Gono.
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:41 So 20.03.2011 | Autor: | phychem |
Danke für die Antwort.
Damit ist alles geklärt.
|
|
|
|
|
Status: |
(Frage) beantwortet | Datum: | 20:46 Mo 21.03.2011 | Autor: | phychem |
> Analog geschrieben wäre das ja:
>
> [mm]|x^2 - y^2| = |x-y|*|x+y|[/mm]
>
> angenommen es gäbe nun zu [mm]\varepsilon[/mm] ein von x,y
> unabhängiges [mm]\delta,[/mm] dann würde für [mm]|x-y| < \delta[/mm] ja
> gelten:
>
>
> [mm]|x^2 - y^2| = |x-y|*|x+y| \le \delta*|x+y|[/mm]
>
> Und der Ausdruck soll kleiner sein als das [mm]\varepsilon,[/mm] was
> uns das [mm]\delta[/mm] geliefert hat.
> Da der Ausdruck |x+y| aber beliebig groß wird und das
> [mm]\delta[/mm] unabhängig von x,y gewählt wurde (wie bei der glm.
> Stetigkeit ja vorausgesetzt), wird auch obiger Ausdruck
> beliebig groß und insbesondere grösser als jedes
> gewählte [mm]\varepsilon.[/mm]
>
Hallo
Entschuldigung, ich war gestern wohl etwas voreilig. Ich hab mir heute dein Beweis zur ersten Frage nochmals durchgelesen und um ehrlich zu sein: Ich verstehe ihn nicht:
Was willst du aus der Ungleichung
[mm]|x^2 - y^2| \le \delta*|x+y|[/mm]
genau schliessen? Dass die rechte Seite gegen Unendlich strebt ist klar, aber man muss ja zeigen, dass die linke Seite unmöglich kleiner als [mm] \varepsilon [/mm] sein kann....
|
|
|
|
|
Moin phychem,
>
> > Analog geschrieben wäre das ja:
> >
> > [mm]|x^2 - y^2| = |x-y|*|x+y|[/mm]
> >
> > angenommen es gäbe nun zu [mm]\varepsilon[/mm] ein von x,y
> > unabhängiges [mm]\delta,[/mm] dann würde für [mm]|x-y| < \delta[/mm] ja
> > gelten:
> >
> >
> > [mm]|x^2 - y^2| = |x-y|*|x+y| \le \delta*|x+y|[/mm]
> >
> > Und der Ausdruck soll kleiner sein als das [mm]\varepsilon,[/mm] was
> > uns das [mm]\delta[/mm] geliefert hat.
> > Da der Ausdruck |x+y| aber beliebig groß wird und das
> > [mm]\delta[/mm] unabhängig von x,y gewählt wurde (wie bei der glm.
> > Stetigkeit ja vorausgesetzt), wird auch obiger Ausdruck
> > beliebig groß und insbesondere grösser als jedes
> > gewählte [mm]\varepsilon.[/mm]
> >
>
> Hallo
>
>
> Entschuldigung, ich war gestern wohl etwas voreilig. Ich
> hab mir heute dein Beweis zur ersten Frage nochmals
> durchgelesen und um ehrlich zu sein: Ich verstehe ihn
> nicht:
>
>
> Was willst du aus der Ungleichung
> [mm]|x^2 - y^2| \le \delta*|x+y|[/mm]
> genau schliessen? Dass die
> rechte Seite gegen Unendlich strebt ist klar, aber man muss
> ja zeigen, dass die linke Seite unmöglich kleiner als
> [mm]\varepsilon[/mm] sein kann....
Hier noch einmal ein vollständiger Beweis.
Wähle [mm] \varepsilon:=1 [/mm] (es reicht die Gegenannahme [mm] "f:\IR\to\IR, x\mapsto x^2 [/mm] ist gleichmäßig stetig" für ein [mm] \varepsilon [/mm] in die Knie zu zwingen).
Angenommen es gibt ein [mm] \delta>0 [/mm] mit [mm] |f(x)-f(y)|<\varepsilon [/mm] für alle [mm] x,y\in\IR [/mm] mit [mm] |x-y|<\delta.
[/mm]
Zu zeigender Widerspruch: Es gibt [mm] x,y\in\IR [/mm] mit
[mm] \qquad $|f(x)-f(y)|=|x^2-y^2|=|x-y||x+y|\geq\varepsilon=1$.
[/mm]
Setze nun [mm] x:=\frac{1}{\delta} [/mm] und [mm] y:=\frac{1}{\delta}+\frac{\delta}{2}.
[/mm]
Dann ist
[mm] \qquad $|x-y||x+y|=\frac{\delta}{2}(\frac{2}{\delta}+\frac{\delta}{2})>1$
[/mm]
und [mm] |x-y|<\delta [/mm] (Einsetzen!)
Damit wurde für jedes [mm] \delta [/mm] ein widersprüchliches Paar [mm] (x,y)\in\IR^2 [/mm] gefunden.
Hier noch eine anschauliche Erklärung
LG
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:53 Mo 21.03.2011 | Autor: | phychem |
Danke für diesen Beweis. Hat mir sehr geholfen.
|
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 08:50 Mo 21.03.2011 | Autor: | fred97 |
>
> Dann noch eine Frage zur reelle Quadratwurzelfunktion: Man
> kann ja relativ einfach beweisen, dass diese auf [mm][0,\infty)[/mm]
> gleichmässig stetig und auf [mm][a,\infty)[/mm] mit a>0 sogar
> Lipschitz-stetig ist (auf kompakten Intervallen ist sie
> natürlich immer Lipschitz-stetig). Wie sieht es denn mit
> [mm](0,\infty))[/mm] aus? Nur gleichmässig stetig?
>
Nimm mal an, [mm] $f(x)=\wurzel{x}$ [/mm] sei auf [mm][0,\infty)[/mm] L.-Stetig. Dann gibt es ein L [mm] \ge [/mm] 0 mit:
$|f(x)-f(y)| [mm] \le [/mm] L|x-y|$ für x,y [mm] \ge [/mm] 0.
Insbesondere hat man dann: [mm] $\wurzel{x} \le [/mm] L *x$ für x [mm] \ge [/mm] 0.
Es folgt: $1 [mm] \le L*\wurzel{x}$ [/mm] für x>0. Mit $x [mm] \to [/mm] 0$ erhältst Du den Widerspruch 1 [mm] \le [/mm] 0.
FRED
|
|
|
|
|
Status: |
(Frage) beantwortet | Datum: | 20:41 Mo 21.03.2011 | Autor: | phychem |
Mir war zwar bereits ein Beweis bekannt, der zeigt, dass die Quadratwurzel auf [mm] [0,\infty) [/mm] nicht Lipschitz-stetig ist, aber danke für dieses alternativen deutlich kürzeren Beweis.
ps: Gefragt war ja nach einem Beweis auf [mm] (0,\infty). [/mm]
|
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 21:42 Mo 21.03.2011 | Autor: | Marcel |
Hallo,
> Mir war zwar bereits ein Beweis bekannt, der zeigt, dass
> die Quadratwurzel auf [mm][0,\infty)[/mm] nicht Lipschitz-stetig
> ist, aber danke für dieses alternativen deutlich kürzeren
> Beweis.
>
> ps: Gefragt war ja nach einem Beweis auf [mm](0,\infty).[/mm]
das hat Fred ja auch gemacht:
Da $1 [mm] \le L*\sqrt{x}$ [/mm] für alle $x [mm] \ge [/mm] 0$ gilt, gilt auch
$$1 [mm] \le [/mm] L * [mm] \sqrt{x}\; \text{ fuer alle } [/mm] x > [mm] 0\,.$$
[/mm]
(Das folgt wegen [mm] $(0,\infty) \subseteq [0,\infty)\,.$)
[/mm]
Mit $0 < x [mm] \to [/mm] 0$ folgt der Widerspruch $1 [mm] \le 0\,.$
[/mm]
(Anders gesagt:
Mit jeder Folge [mm] $(x_n)_n$, [/mm] die [mm] $x_n [/mm] > 0$ für alle [mm] $n\,$ [/mm] erfüllt und für die [mm] $\lim_{n \to \infty}x_n=0$ [/mm] gilt, folgt der Widerspruch $1 [mm] \le 0\,.$ [/mm] Ein Paradebeispiel erhältst Du speziell durch Betrachtung von [mm] $x_n:=1/n\,$ [/mm] für alle $n [mm] \in \IN=\IN \setminus\{0\}\,.$) [/mm]
Wenn Dir das nicht ganz klar ist, dann mach' es halt so:
Sei [mm] $x:=1/(4*L^2) [/mm] > [mm] 0\,,$ [/mm] dann folgt aus (der von Fred begründeten Ungleichung)
$$1 [mm] \le L*\sqrt{x}$$
[/mm]
sodann
$$1 [mm] \le L*\sqrt{1/(4*L^2)}=L*\frac{1}{2L}=1/2\,.$$
[/mm]
Widerspruch.
P.S.:
Eigentlich sollte man hier noch kurz begründen, warum in der Tat für $x [mm] \mapsto \sqrt{x}$ [/mm] (auf [mm] $[0,\infty)$ [/mm] oder auch auf [mm] $(0,\infty)$), [/mm] wenn diese Funktion denn Lipschitz-st. wäre, dann $L > [mm] 0\,$ [/mm] sein müßte, bzw. warum [mm] $L=0\,$ [/mm] nicht sein kann. Überlege Dir mal, wie Funktionen aussehen, die
$$|f(x)-f(y)| [mm] \le [/mm] 0*|x-y|$$
für alle (im Definitionsbereich von [mm] $f\,$ [/mm] liegenden) [mm] $x,y\,$ [/mm] erfüllen...
Gruß,
Marcel
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:23 Mo 21.03.2011 | Autor: | phychem |
Hallo
Danke für die Ausführungen.
Da fred bei der Herleitung der Ungleichung
[mm]1 \le L*\sqrt{x}[/mm]
y=0 gesetzt hat, dachte ich erst er sei anstelle von [mm] (0,\infty) [/mm] von [mm] [0,\infty) [/mm] ausgegangen. Natürlich ist das absolut unerheblich, denn was in [mm] [0,\infty) [/mm] gilt ist ja auch in [mm] (0,\infty) [/mm] richtig.
Zu deinem letzten Hinweis: Der Fall L=0 kann wohl ausgeschlossen werden, da die Quadratwurzel für L=0 konstant sein müsste, was sie ja bekanntlich nicht ist.
Gruss,
phychem
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:31 Mo 21.03.2011 | Autor: | Marcel |
Hallo,
> Hallo
>
>
> Danke für die Ausführungen.
>
> Da fred bei der Herleitung der Ungleichung
> [mm]1 \le L*\sqrt{x}[/mm]
> y=0 gesetzt hat, dachte ich erst er sei
> anstelle von [mm](0,\infty)[/mm] von [mm][0,\infty)[/mm] ausgegangen.
> Natürlich ist das absolut unerheblich, denn was in
> [mm][0,\infty)[/mm] gilt ist ja auch in [mm](0,\infty)[/mm] richtig.
That's it!
> Zu deinem letzten Hinweis: Der Fall L=0 kann wohl
> ausgeschlossen werden, da die Quadratwurzel für L=0
> konstant sein müsste, was sie ja bekanntlich nicht ist.
Genau. Ich formuliere es mal für andere interessierte Mitleserinnen und -leser ein wenig anders:
Lipschitzstetige Funktionen mit Lipschitzkonstante [mm] $L=0\,$ [/mm] können nur konstante Funktionen sein, was die (Quadrat-)Wurzelfunktion (sofern man diese auf einem Definitionsbereich mit mindestens zwei Elementen betrachtet) aber nicht ist.
Gruß,
Marcel
|
|
|
|