Kirche und Institution < Religion < Geisteswiss. < Vorhilfe
|
Status: |
(Frage) beantwortet | Datum: | 14:39 So 06.12.2009 | Autor: | yuppi |
Hallo,
und zwar schreibe ich schon morgen die Klausur und habe sogut wie alles gelernt.(Christenverfolung/Toleranzedikt/Kirche wird zur Staatsreligion)
Das einzige Problem ist, dass ich nicht weiß wieso die Kirche kontraproduktiv als Institution sein kann.
Würd mich auf Antworten freuen. Im Netz habe ich nichts berauschendes gefunden.
Gruß yuppi
|
|
|
|
Hallo yuppi,
das ist keine sehr präzise Frage.
Geschichtlich gibt es doch aber genügend Beispiele, wie sich die Kirche als Institution verabsolutiert und darüber ihre Botschaft und ihren Zweck vernachlässigt hat, wie auch für die oft daraus resultierenden Gegenbewegungen.
Da sind z.B. die Minderbrüder (Franziskaner) zu nennen, oder der Investiturstreit (Gegenpapsttum), Petrus Valdes und Jan Hus, Girolamo Savonarola und Galileo Galilei, Martin Luther und Johannes Calvin etc. pp.
Jede Institution neigt dazu, zu viel Eifer in ihre eigene Struktur zu investieren und zuwenig in ihren eigentlichen Zweck. Das wird u.a. Behörden ja immer wieder nachgesagt. Organisierte, institutionelle Kirche ist da - ganz konfessionsunabhängig - nicht anders.
Eines der geschichtlich bedeutsamsten und - wie ich finde - immer noch lesenswerten Werke zur Entwicklung von Kultur, und damit auch von Institutionen, ist Oswald Spenglers "Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte", 1918/1922.
Kannst Du mit diesen Hinweisen genauer fragen? Geht es Dir um eine bestimmte geschichtliche Epoche? Vielleicht die konstantinische Wende?
lg
reverend
|
|
|
|
|
Status: |
(Frage) beantwortet | Datum: | 15:15 So 06.12.2009 | Autor: | yuppi |
Hallo,
erstmals danke für die Klasse Antwort.
Du hast Recht, ich glaub, dass soll auf die Konstantinische Wende bezogen werden.
Und zwar Konstantius der 2 hat ja die Kirche 346 zur Staatsreligion ernannt und das Heidentum verboten.
Hilarius v. Poitier schrieb ihn deswegen ein Brief, in dem er ihn mit ein Wolf im Schaafsfell vergleich soweit ich mich erinnere.
Außerdem wurde die Kirche priveligiert, damit sie sich den Kaiser schuldig fühlen, und indirekt tuhen was er verlangt.
Da die Beweggründe Konstantius der 2 höchstwahrscheinlich die Einmischung in innerkirliche Angelegenheiten war, um die Kirche somit zu schwächen.
Ist das auch ein Argument Contra Kirche als Institution ?
Oder gibt es da noch mehr zur Konstantische Wende bezüglich Kirche als Institution?
2. Frage : Den Toleranzedikt von 313 hat sein Vater Konstantius der Erste erlassen oder ?
|
|
|
|
|
Hallo nochmal,
> Du hast Recht, ich glaub, dass soll auf die Konstantinische
> Wende bezogen werden.
>
> Und zwar Konstantius der 2 hat ja die Kirche 346 zur
> Staatsreligion ernannt und das Heidentum verboten.
> Hilarius v. Poitier schrieb ihn deswegen ein Brief, in dem
> er ihn mit ein Wolf im Schaafsfell vergleich soweit ich
> mich erinnere.
Ja, das ist doch interessant. Ein Bischof beschwert sich, dass seine Religion nun die einzig erlaubte sein soll!
Aber sein Grund ist eben die Verweltlichung der Kirche - durch die direkte Unterstellung unter den Kaiser war die Staatskirche entstanden. Bischöfe waren faktisch Staatsbeamte und unterlagen der Kontrolle des Hofes. Als Ausgleich dafür bekamen sie Staatsgelder und vor allem Rechte, in ihrem Gebiet selbst Geld einzutreiben. Das Gebiet war nicht unbedingt gleich dem Bistum, manche hatten mehr, andere weniger. Auch so konnte man belohnen oder schwächen.
Hier ein recht übersichtliches Word-Dokument, als google-Fund verlinkt.
> Außerdem wurde die Kirche priveligiert, damit sie sich
> den Kaiser schuldig fühlen, und indirekt tuhen was er
> verlangt.
> Da die Beweggründe Konstantius der 2
> höchstwahrscheinlich die Einmischung in innerkirliche
> Angelegenheiten war, um die Kirche somit zu schwächen.
>
> Ist das auch ein Argument Contra Kirche als Institution ?
Aber ja!
> Oder gibt es da noch mehr zur Konstantische Wende
> bezüglich Kirche als Institution?
Nein, ich glaube, das ist die Hauptsache, wenn nicht sogar alles.
> 2. Frage : Den Toleranzedikt von 313 hat sein Vater
> Konstantius der Erste erlassen oder ?
Nein, das war Konstantin I. Die Familie hat ja eine niedliche Namensvielfalt an den Tag gelegt...
lg
reverend
|
|
|
|
|
Status: |
(Frage) beantwortet | Datum: | 15:44 So 06.12.2009 | Autor: | yuppi |
Hallo nochmal danke für die Klasse Antwort =)
Die Namen sind echt manchmal irreführend.
Und zwar habe ich die Pro Argumente von Kirche als Institution gelernt :
Und zwar : Durch die Institution erreicht der Mensch die Erfüllung seiner dauerhaften Bedürfnisse und gelangt zur Lebenssicherheit und Selbstständigkeit des Handeln.
Dies liegt darin, dass die Bedürfnisse des Menschen verallgemeinert und in der Institution abstrahiert vorliegen.
Das widerspricht ja den Contra Argumenten. Gibt es ein Beispiel, wo sich diese Pro Argumente wirklich auf die Kirche zutraffen ? Oder sonst auf irgendeine Institution ? Weil du meintest ja ebend, dass allgemein jede Institution von ihrer Aufgabe abschweift.
Gruß yuppi
|
|
|
|
|
Hallo yuppi,
jede Institution steht in der Gefahr, ihren Sinn aus den Augen zu verlieren, aber nicht jede tut es. Viele haben ihre Identität und ihren Zweck immer oder wenigstens meistens im Auge. Nimm als Beispiel die Polizei eines Staats. Die Selbstverabsolutierung geschieht dort, wo entweder reine Polizeiwillkür herrscht - oder dort, wo es nur noch um das Stellengefüge, Beförderungsrichtlinien, interne Rechte wie z.B. Hierarchien etc. geht.
Trotzdem gibt es ja funktionierende Polizeisysteme. Doch selbst in denen sieht man immer wieder Spuren der o.g. Fehlentwicklungen, so auch bei uns.
Das ist bei Kirche nicht anders. Je größer die Organisation, um so größer wird auch der "Overhead"-Anteil. Da braucht man dann Landeskirchenämter, Generalvikariate oder gar einen Vatikan. Die alle haben ja nur den Zweck der internen Organisationsentwicklung und -begleitung. Die eigentliche Arbeit z.B. der Verkündigung oder der tätigen Nächstenliebe geschieht woanders, meist viel lokaler organisiert, oder sogar gänzlich in Eigeninitiative Einzelner.
Das ist kein Plädoyer gegen Organisation. Sie kann auch sehr gut unterstützend wirken, z.B. durch die Kanalisierung von Geldern, Erstellung von Materialien, punktuelle Bereitstellung von zusätzlichem Personal wie z.B. Spezialisten (einfaches Beispiel: Notfallseelsorge).
Es geht immer darum, den Organisationsgrad angemessen zu halten. Ich bin z.B. gerade mit Arbeiten beschäftigt, die ich überorganisiert finde. Das schlägt sich bei mir in Qualitätsmanagement-Vorgaben nieder, die dazu führen, dass ich für manche Planungen bis zu neun verschiedene Formulare ausfüllen muss. Ob die Planung je Realität wird, ist zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nicht klar. Hier ist natürlich die Effizienz zu hinterfragen. Auf der anderen Seite wäre ohne die Regelung bestimmter Vorgänge ein großer Teil zukünftiger Planung gar nicht erst möglich.
Ein zweischneidiges Schwert also, das über jeder Institution schwebt.
lg
reverend
|
|
|
|