Offene und abgeschlossene Bäll < Topologie+Geometrie < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 18:29 Mo 28.06.2010 | Autor: | phychem |
Hallo
Ich habe folgende Frage:
Bekanntlich lässt sich in jedem metrischen Raum (X,d), für jeden Mittelpunkt [mm] a\inX [/mm] und jeden Radius r>0 beweisen, dass die abgeschlossene Hülle [mm] \overline{B(a,r)} [/mm] des offenen Balles B(a,r) eine Teilmenge des abgeschlossenen Balles [mm] \overline{B}(a,r) [/mm] ist.
Umgekehrt ist [mm] \overline{B}(a,r) [/mm] aber nicht zwingend auch eine Teilmenge von [mm] \overline{B(a,r)}, [/mm] so dass die Gleichheit [mm] \overline{B(a,r)}=\overline{B}(a,r) [/mm] nicht immer richtig ist. Dies zeigt etwa das Beispiel der diskreten Metrik.
Nun hab ich in einem Buch gelesen, dass in einem mormierten Vektorraum immer [mm] \overline{B(a,r)}=\overline{B}(a,r) [/mm] gilt. Der Autor liefert auch einen Beweis dazu. Soweit so gut, aber: Der Autor schreibt "in jedem normierten Vektorraum", im Beweis geht er aber von einem [mm] \IR- [/mm] bzw. [mm] \IC-Vektorraum [/mm] aus. Ohne diese Voraussetzung würde der Beweis nicht funktionieren. Nun meine Frage: Lieg ich richtig in der Annahme, dass diese Aussage eigentlich nur für normierte Vektorräume über überabzählbaren Koeffizientenkörper richtig ist? Rein intuitiv würd ich sogar sagen, dass die Gleichheit [mm] \overline{B(a,r)}=\overline{B}(a,r) [/mm] immer genau dann gilt, wenn in jeder Umgebung eines jeden Punktes des metrischen Raumes unendlich viele Punkte liegen.
Leider kenn ich mich mit der Topologie überhaupt nicht aus. Ich wäre deshalb froh, jemand könnte mir etwas helfen.
Achja: Noch eine andere Frage: Häufig werden topologische Grundbegriffe mit Darstellungen von Mengen als Flächen unterlegt. Die Bälle nehmen dabei meist die Form einer Kreisfläche an. Gibt diese Darstellung eigentlich nicht einen absoluten Spezialfall wieder? Man kann (X,d) ja nicht in jedem Fall als Punkteben darstellen? Wie will man den etwa eine mit der diskreten Metrik versehen metrischen Raum darstellen? Wenn dieser mehr als 3 Punkte hat und alle liegen in einem Abstand 1 voneinander entfernt, ist dann eine bidliche Darstellung überhaupt möglich?
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:57 Mo 28.06.2010 | Autor: | max3000 |
Hey.
Ich habe mir beim Lesen der Frage nur selber die Frage gestellt warum du das für einen Raum brauchst, wo nicht [mm] \IR [/mm] oder [mm] \IC [/mm] als Körper zugrunde liegen? Dafür ist diese ganze Analysis-Theorie gemacht um das später auf numerische Verfahren anzuwenden oder wo auch immer. Von daher sehe ich keinen Sinn darin das ganze für andere Körper zu untersuchen, es sei denn du bist Algebraiker.
Schau vielleicht nochmal in deinem Buch genau nach was wie Definiert ist.
Für eine Norm [mm] \|.\|:X\rightarrow[0,\infty) [/mm] solltest du mal genau recherchieren was da über X gesagt wird. Ist das ein topologischer [mm] \IK-Vektorraum [/mm] für [mm] \K=\IR [/mm] oder [mm] \IC?
[/mm]
Auf diese kleinen Feinheiten kommt es da an und anhand von den Sachen die du schilderst geh ich davon aus dass das alles nur eine Definitionsfrage ist.
Einige Autoren setzen in ihren Büchern auch die Gültigkeit der Abzählbarkeitsaxiome vorraus ohne ein Wort darüber zu verlieren. Andere wiederrum gehen auf diese genau ein und nehmen das in die Vorraussetzungen für einige Sätze auf. Das könnte ich mir noch am ehesten vorstellen dass es was damit zu tun hat.
Grüße
Max
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(Frage) überfällig | Datum: | 22:13 Mo 28.06.2010 | Autor: | phychem |
Warum sollte ich mir diese Frage nicht stellen? Es spielt doch keine Rolle, ob die Antwort jemals von Bedeutung sein wird. Ich glaub einfach nicht, dass diese Aussage für alle normierte Vektorräume gilt.
Wie gesagt: Der Autor spricht einfach von einem "normierten Vektorraum", ohne diesen genauer zu spezifizieren. In der Beweisführung verwendet er aber als Skalare reelle Zahlen.
Mich interessiert schlussendlich einfach die Frage, in welchem Fall die abgeschlossene Hülle eines offenen Balles dem entsprechenden abgeschlossenen Ball entspricht. Mit den Abzählbarkeitsaxiomen hab ich mich bisher noch nicht beschäftigt, aber ich denke, da liegt irgendwo die Antwort...
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:20 Mi 30.06.2010 | Autor: | matux |
$MATUXTEXT(ueberfaellige_frage)
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(Antwort) fertig | Datum: | 00:44 Di 29.06.2010 | Autor: | Marcel |
Hallo,
> Achja: Noch eine andere Frage: Häufig werden topologische
> Grundbegriffe mit Darstellungen von Mengen als Flächen
> unterlegt. Die Bälle nehmen dabei meist die Form einer
> Kreisfläche an. Gibt diese Darstellung eigentlich nicht
> einen absoluten Spezialfall wieder?
natürlich. Sozusagen meist eben den Fall, dass der topologische Raum $(X,T)$ die Topologie hat, die aus den offenen Mengen des [mm] $\IR^2$ [/mm] besteht, wobei die Offenheit bzgl. der euklidischen [mm] $\IR^2$-Metrik [/mm] gemeint ist. Aber solche Darstellungen sind eben auch nur so zu verstehen, wie sie gemeint sind:
Ihr Zweck ist, dass, wenn man eine Aussage bewiesen hat, die in einem jeden topologischen Raum gilt, dass und wie man diese dann in einem unserer "Anschauungsräume" wiederfindet.
Bzw. manchmal dienen sie einfach ein wenig dazu, dass man eine "Übersicht über den Beweisverlauf (be- oder ) erhält".
> Man kann (X,d) ja nicht
> in jedem Fall als Punkteben darstellen?
Sicher nicht. Alleine wenn wir schon zu Funktionenräume springen, wird das alles etwas "unanschaulischer". Aber darum geht es ja:
Wir können mit abstrakte(re)m umgehen, ohne wirklich wissen zu müssen, wie das nun "aussieht" (im Sinne von "wir können es uns ansehen").
> Wie will man den
> etwa eine mit der diskreten Metrik versehen metrischen Raum
> darstellen? Wenn dieser mehr als 3 Punkte hat und alle
> liegen in einem Abstand 1 voneinander entfernt, ist dann
> eine bidliche Darstellung überhaupt möglich?
Ja. Sie passt halt nur nicht zu dem uns gewohnten Bild. Es passt eher zu einer Entscheidungsfrage:
Wenn ich eine Menge von paarweise verschiedenen Objekten habe, ein Objekt daraus suche (und es auch wiedererkennen kann) und meinetwegen mit einer Auswahlfunktion nach und nach immer ein Objekt aus der Menge wähle und gucke, ob dieses das gesuchte ist, so sage ich immer dann "Nein", wenn der Abstand des ausgewählten Objekts zu dem gesuchten [mm] $=1\,$ [/mm] ist und schreie "Juchhu, gefunden!", wenn dieser [mm] $\;=0$ [/mm] ist.
Eine "geometrische Veranschaulischung", sofern es denn eine gibt (außer, dass man halt sagt, dass, wenn man zwei paarweise verschiedene Objekte hat, diese Distanz [mm] $\,=1$ [/mm] voneinander haben), würde hier sicher auch mehr verwirren als helfen. Viel wichtiger ist eigentlich, dass die diskrete Metrik halt die Eigenschaft einer Metrik hat, so dass man, auch mit diesem komischen abstrakten Gebilde, sehr schnell etwas über Offenheit, Abgeschlossenheit etc. von Mengen sagen kann.
Es ist ja übrigens so:
Bzgl. der diskreten Metrik ist jede (nicht notwendig nichtleere) Teilmenge von $X,$ wenn $(X,d)$ der metrische Raum mit der diskreten Metrik ist, sowohl offen als auch abgeschlossen.
Wählt man nämlich zu $t [mm] \in [/mm] T [mm] \subseteq [/mm] X$ nun [mm] $\epsilon=1/2,,$ [/mm] so ist diese [mm] $\epsilon-$Umgebung [/mm] um [mm] $t\,$ [/mm] komplett in $T,$ da sie ja nur [mm] $t\,$ [/mm] enthält. Andererseits:
Konvergiert eine Folge [mm] $(t_n)_n \in T^{\IN}$ [/mm] gegen ein $t [mm] \in [/mm] X,$ so muss sie ab einem genügend großen Index konstant sein (erkennt man wieder mit z.B. [mm] $\epsilon=1/2$). [/mm] Dann ist aber der Grenzwert [mm] $t\,$ [/mm] auch in $T$ (weil ja alle Folgeglieder von [mm] $(t_n)_n$ [/mm] in $T$ liegen).
Bzgl. [mm] $(\IR,d_{|.|})$ [/mm] sieht das wieder ganz anders aus: Dort ist eine Teilmmenge genau dann sowohl offen als auch abgeschlossen, wenn diese [mm] $=\emptyset$ [/mm] oder [mm] $=\IR$ [/mm] ist.
Ebenso gibt es noch viele andere Eigenschaften, die "abstrakt" sind:
Z.B. glauben wir ja, uns [mm] $(\IR,d_{|.|})$ [/mm] als Zahlengerade und [mm] $(\IR^2,d_{\|.\|_2})$ [/mm] als Ebene vorstellen zu können. Beide metrische Räume sind vollständig, was man nicht mehr sagen kann, wenn wir [mm] $\IR$ [/mm] durch [mm] $\IQ$ [/mm] oder [mm] $\IR^2$ [/mm] durch [mm] $\IQ^2$ [/mm] ersetzen würden. Wir glauben also, bei "überabzählbar vielen Punkten" mit der gesichteten Menge "besser umgehen zu können", als bei abzählbar vielen. Was ja doch eigentlich sehr kurios erscheint.
Ferner muss man auch beachten, dass Begriffe wie die Vollständigkeit nicht nur von der Ausgangsmenge, sondern auch von der Metrik selbst abhängen. Und nicht nur das: Auch "Konvergenz" ist ein davon abhängiger Begriff.
Wenn Du ein enigermaßen solides Grundwissen hast (was mir der Fall zu sein scheint), dann kannst Du ja mal Kapitel 8 und 9 von hier durcharbeiten, wenn Du magst.
Aber wie gesagt: Veranschaulischungen sollen nur die abstrakteren Ergebnisse nochmal verdeutlichen (vll. auch zur besseren Einprägung) bzw. manchmal kann man sich damit die Beweisschritte ein wenig klarer machen. Aber sie ersetzen keinen Beweis, und schon gar nicht darf man (jedenfalls i.a. nicht ohne weiteres) einfach sagen:
"Wie man anhand der Skizze sieht, gilt ja in jedem metrischen Raum..."
Beste Grüße,
Marcel
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 01:11 Di 29.06.2010 | Autor: | phychem |
Danke für die ausführlichen Erläuterungen.
Ich hab mir das eigentlich schon fast gedacht.
Häufig liegt es halt auch an den toplogischen Begriffen ("Berührungspunkt", "Ball",...), die einem dazu verführen, gewissen mathematischen Sachverhalten eine anschauliche Form zu geben. Solange man sich bewusst ist, dass diese bidliche Vorstellung lediglich einen Sonderfall wiedergibt ist das ja auch in Ordnung. Leider gibt es viele Lehrbücher, in denen bestimmte Begriffe direkt mit einer Grafik eingeführt werden, ohne dabei den Leser darüber aufzuklären, dass es sich hier nur um eine abstrakte Darstellung eines Spezialfalles handelt.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:17 Di 29.06.2010 | Autor: | Marcel |
Hallo phychem,
> Danke für die ausführlichen Erläuterungen.
>
> Ich hab mir das eigentlich schon fast gedacht.
> Häufig liegt es halt auch an den toplogischen Begriffen
> ("Berührungspunkt", "Ball",...), die einem dazu
> verführen, gewissen mathematischen Sachverhalten eine
> anschauliche Form zu geben. Solange man sich bewusst ist,
> dass diese bidliche Vorstellung lediglich einen Sonderfall
> wiedergibt ist das ja auch in Ordnung. Leider gibt es viele
> Lehrbücher, in denen bestimmte Begriffe direkt mit einer
> Grafik eingeführt werden, ohne dabei den Leser darüber
> aufzuklären, dass es sich hier nur um eine abstrakte
> Darstellung eines Spezialfalles handelt.
kannst Du mal ein solches Buch benennen, damit ich mir selbst einen Eindruck davon machen kann?
Ich fände es z.B. okay, Begriffe wie "Offenheit" mit "Bildern des [mm] $\IR^2$" [/mm] abstrakt darzustellen, wenn man sich z.B. gerade mit dem metrischen Raum [mm] $(\IR^2,d_{\|.\|_2})$ [/mm] befasst und das ganze auch meinetwegen noch auf den [mm] $\IR^n$ [/mm] mit der zugehörigen euklidischen Metrik "hochziehen" will.
Je nach Metrik [mm] $d\,$ [/mm] kann man auch gewisse andere Mengen des [mm] $\IR^2$ [/mm] sinnvoll darstellen. Aber im großen und ganzen würde ich sowas mit den Venn-Diagrammen vergleichen:
Solche Darstellungen können eine Menge an wichtigen Informationen liefern und auch zur Orientierung dienen, und um etwas "gegenzubeweisen", können sie auch hilfreich sein. Sicherlich helfen sie auch, Begrifflichkeiten zu erlernen.
Aber eigentlich sind sie nicht "abstrakt genug", da "nicht allgemein genug".
Beste Grüße,
Marcel
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