Tensorprodukt < Sonstiges < Lineare Algebra < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
|
Status: |
(Frage) überfällig | Datum: | 12:23 Mo 31.08.2009 | Autor: | Theta |
Hallo zusammen,
ich bin gerade dabei für das kommende Semester einen Kurzvortrag (ca 70 Minuten) über Tensorprodukte vorzubereiten.
Als Einstieg habe ich mir vorgenommen zur Motivation etwas über den Nutzen und die Herkunft des Tensorproduktes zu erzählen. Zur Herkunft konnte ich unter anderem im Forster (16. Auflage) ein bisschen was finden und werde mich diesbezüglich wohl an den Forster halten, aber zum Nutzen des Tensorproduktes konnte ich noch nichts hilfreiches finden. Wo arbeitet man konkret damit?
Ich weiß, dass es in der Physik seinen "Ursprung" hat, aber nicht was man damit anstellt...
Könnt ihr mir da vielleicht weiterhelfen und ein kleines Beispiel oder ähnliches erklären?
Als Beispiele für Tensorprodukte habe ich übrigens schon den Raum der Linaren Abbildungen zwischen zwei Vektorräumen gefunden, welchen man als Tensorprodukt zwischen Dualraum und Bildraum auffassen kann, sowie den Raum der Bilinearformen, welchen man als Tensorprodukt der jeweiligen Dualräume auffassen kann.
LG,
Theta
|
|
|
|
> Hallo zusammen,
>
> ich bin gerade dabei für das kommende Semester einen
> Kurzvortrag (ca 70 Minuten) über Tensorprodukte
> vorzubereiten.
> Als Einstieg habe ich mir vorgenommen zur Motivation etwas
> über den Nutzen und die Herkunft des Tensorproduktes zu
> erzählen. Zur Herkunft konnte ich unter anderem im Forster
> (16. Auflage) ein bisschen was finden und werde mich
> diesbezüglich wohl an den Forster halten, aber zum Nutzen
> des Tensorproduktes konnte ich noch nichts hilfreiches
> finden. Wo arbeitet man konkret damit?
> Ich weiß, dass es in der Physik seinen "Ursprung" hat,
> aber nicht was man damit anstellt...
>
> Könnt ihr mir da vielleicht weiterhelfen und ein kleines
> Beispiel oder ähnliches erklären?
Hallo Theta,
der Begriff "Tensor" kommt vom lateinischen Ausdruck
"tensio" für "Spannung". In einem online-Wörterbuch
steht dann auch noch "Tensor lat. Spanner" ()
Dies weist auf eine wichtige Anwendung von Tensoren
in der Mechanik hin: Die mathematische Beschreibung
der inneren Spannungskräfte in elastischen Körpern.
Auch die Verformungen, die dadurch entstehen können,
werden mittels Tensoren beschrieben.
Darauf basieren zum Beispiel die Berechnungen zur
Dimensionierung und Armierung von Stahlbetonbauten
(Gebäude, Hochhäuser, Brücken, Tunnels etc.).
Nicht nur Bauingenieure, sondern auch Elektroingenieure
verwenden Tensoren, zum Beispiel den der elektromag-
netischen Feldstärke, für technische Entwicklungen, zum
Beispiel von Generatoren, Elektromotoren, Magnet-
schwebebahnen und auch in der Forschung zur Realisation
eines Fusionsreaktors, in dem ungeheuer starke Magnetfelder
gebraucht werden, um das Plasma einzuschliessen.
Die Grundlagen aller dieser Anwendungen sind natürlich
in der Physik zu finden, wo es noch viele weitere Gebiete
gibt, wo Tensoren eine Rolle spielen. Ein ganz berühmtes
Beispiel ist die Gravitationstheorie ("allgemeine Relativi-
tätstheorie") von Albert Einstein. Als er in den frühen Jahren
des vergangenen Jahrhunderts durch eine Reihe von kühnen
Ideen die Physik revolutionierte, konnte er von der Vorarbeit
der Mathematiker im 19. Jahrhundert profitieren, die den
ganzen dazu notwendigen Formelapparat und insbesondere
die Tensoren "erfunden" hatten. In der speziellen Relativi-
tätstheorie, die insbesondere in der Teilchenforschung eine
zentrale Rolle spielt, verwendet man den Energie-Impuls-
Tensor. Zur Beschreibung der Metrik der Raumzeit und der
Gravitation braucht man ein Tensorfeld. Spektakulärste
Anwendung: die Theorie des Schwarzen Loches.
Damit müssen sich also auch Astrophysiker und Kosmologen,
die die "Welt im Großen" erforschen und beschreiben, mit
der Theorie der Tensoren auskennen.
LG und viel Erfolg für dein Referat !
Al-Chwarizmi
Damit vielleicht noch jemand anderes antwortet und
vielleicht ein konkretes Beispiel eingehender erläutert,
stelle ich deine Frage auf "nicht beantwortet", weil
ich es versäumt habe, auf "teilweise bentwortet" zu
klicken.
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 14:06 Mo 31.08.2009 | Autor: | Theta |
Danke schonmal für diese Ausführungen.
Liefert einen Hinweis auf die Wichtigkeit des Themas und einige Ansatzpunkte an welchen man vielleicht einmal auf weitere Literatur oder ähnliches verweisen kann.
Mal schauen was ich daraus so machen kann.
LG,
Theta
|
|
|
|
|
Schau doch mal, ob du etwas zum Stichwort "Riemannscher Krümmungstensor" findest.
|
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 22:17 Mo 31.08.2009 | Autor: | felixf |
Hallo Theta!
> finden. Wo arbeitet man konkret damit?
Es gibt auch noch viele innermathematische Anwendungsbeispiele. Ein sehr wichtiges ist (ganz allgemein) Basiswechsel.
Ist $V$ ein $K$-Vektorraum und $W$ ein weiterer $K$-Vektorraum, so kann man $V [mm] \otimes_K [/mm] W$ als Linearkombination von Elementen in $W$ mit Koeffizienten aus $V$ auffassen. Ist z.B. $K = [mm] \IR$ [/mm] und $V = [mm] \IC$, [/mm] so ist [mm] $\IC \otimes_\IR [/mm] W$ die komplexifizierung des reellen Vektorraums $W$ (man kann leicht nachpruefen, dass dies ein [mm] $\IC$-Vektorraum [/mm] ist); beispielsweise ist [mm] $\IC \otimes_\IR \IR^n [/mm] = [mm] \IC^n$.
[/mm]
Dies ist praktisch, wenn man etwa von komplexen Eigenwerten eines Endomorphismus [mm] $\varphi$ [/mm] eines reellen $n$-dimensionalen Vektorraums reden will: wenn man sich eine Darstellungsmatrix anschaut, kann man ja auch komplexe Vektoren dranmultiplizieren. Bei einem reellen Vektorraum $V$ (ohne Basiswahl) ist das alles andere als klar, dass dies geht. Allerdings kann man den Endomorphismus [mm] $id_\IC \otimes_\IR \varphi [/mm] : [mm] \IC \otimes_\IR [/mm] V [mm] \to \IC \otimes_\IR [/mm] V$ anschauen. Ist [mm] $v_1, \dots, v_n$ [/mm] eine [mm] $\IR$-Basis [/mm] von $V$, so ist $1 [mm] \otimes_\IR v_1, \dots, [/mm] 1 [mm] \otimes_\IR v_n$ [/mm] eine [mm] $\IC$-Basis [/mm] von [mm] $\IC \otimes_\IR [/mm] V$. Und wenn man die Darstellungsmatrix von [mm] $id_\IC \otimes_\IR \varphi$ [/mm] bzgl. dieser Basis anschaut, ist dies genau die Darstellungsmatrix von [mm] $\varphi$ [/mm] bzgl. [mm] $v_1, \dots, v_n$! [/mm] Und bei [mm] $id_\IC \otimes_\IR \varphi$ [/mm] als Endomorphismus des komplexen Vektorraums [mm] $\IC \otimes_\IR [/mm] V$ kann man natuerlich auch von komplexen Eigenwerten und -vektoren reden.
Ein anderes Beispiel (was ich nicht naeher erlaeutern moechte) ist das Faserprodukt von Schemata (aus der algebraischen Geometrie): das Faserprodukt von zwei Spektra von Ringen ist das Spektrum des Tensorproduktes der beiden Ringe. Hier tritt das Tensorprodukt sowohl als geometrisches Produkt auf (von der geometrischen Seite her erinnert es eher an das kartesische Produkt), wie auch als Basiswechsel.
> Als Beispiele für Tensorprodukte habe ich übrigens schon
> den Raum der Linaren Abbildungen zwischen zwei
> Vektorräumen gefunden, welchen man als Tensorprodukt
> zwischen Dualraum und Bildraum auffassen kann, sowie den
> Raum der Bilinearformen, welchen man als Tensorprodukt der
> jeweiligen Dualräume auffassen kann.
Man interessiert sich ja auch fuer Spezialfaelle von Tensoren, naemlich die symmetrischen und die alternierenden Tensoren. Da gibt es noch zwei interessante Beispiele:
Die Determinante ist auch ein Tensor, und zwar ein alternierender: das $n$-fache alternierende Produkt [mm] $\bigwedge^n [/mm] V$ eines $n$-dimensionalen Vektorraums $V$ mit sich selber ist ein eindimensionaler $K$-Vektorraum, und die Elemente entsprechen genau den alternierenden Multilinearformen [mm] $V^n \to [/mm] K$. Dies zeigt, dass es bis auf skalare Vielfache genau eine Determinante gibt, und wenn man sie als normiert fordert (also [mm] $\det E_n [/mm] = 1$) bleibt genau eine einzige uebrig.
Das Vektorprodukt im [mm] $\IR^3$ [/mm] laesst sich uebrigens auch als alternierender Tensor auffassen: die zweifache alternierende Potenz [mm] $\bigwedge^2 \IR^3$ [/mm] von [mm] $\IR^3$ [/mm] ist dreidimensional, also wieder isomorph zu [mm] $\IR^3$. [/mm] Waehlt man einen Isomorphismus $f : [mm] \bigwedge^2 \IR^3 \to \IR^3$ [/mm] durch [mm] $f(e_1 \wedge e_2) [/mm] = [mm] e_3$, $f(e_2 \wedge e_3) [/mm] = [mm] e_1$ [/mm] und [mm] $f(e_3 \wedge e_2) [/mm] = [mm] e_1$, [/mm] so gilt fuer allgemeine $v, w [mm] \in \IR^3$ [/mm] gerade $f(v [mm] \wedge [/mm] w) = v [mm] \times [/mm] w$.
Weiterhin hat man noch folgende nette Aussage: fuer linear unabhaengige Vektoren [mm] $v_1, \dots, v_k$ [/mm] und weitere Vektoren [mm] $v_1', \dots, v_k'$ [/mm] gilt: [mm] $span\{ v_1, \dots, v_k \} [/mm] = [mm] span\{ v_1', \dots, v_k' \}$ [/mm] genau dann, wenn [mm] $v_1 \wedge \dots \wedge v_k$ [/mm] ein skalares Vielfaches von [mm] $v_1' \wedge \dots \wedge v_k'$ [/mm] ist. (Das hilft einem zwar nicht beim Rechnen, kann aber zum Beweisen von Aussagen sehr praktisch sein.)
LG Felix
|
|
|
|
|
Status: |
(Frage) beantwortet | Datum: | 12:58 Mi 02.09.2009 | Autor: | Theta |
Wow, das ist ein ganzer Haufen von Tipps und Hinweisen, danke an alle beteiligten. Ich werde bei Gelegenheit mal nachsehen welche/-s der vielen Beispiele ich in den Vortrag einarbeiten kann und werde eventuell später nochmals Fragen zu den jeweiligen Beispielen stellen. Muss nun zunächst den formellen Rahmen aufstellen.
Schon erledigt ich glaube ich habs gerade selber geschafft und gefunden.
|
|
|
|
|
> Wow, das ist ein ganzer Haufen von Tipps und Hinweisen,
> danke an alle beteiligten. Ich werde bei Gelegenheit mal
> nachsehen welche/-s der vielen Beispiele ich in den Vortrag
> einarbeiten kann ......
Vielleicht kannst du ja beantragen, deinen "Kurzvortrag"
zu einem zweitägigen Seminar auszudehnen
Gruß Al-Chwarizmi
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:44 Do 03.09.2009 | Autor: | felixf |
Hallo zusammen
Zu XYpic: das ist uebrigens mein Lieblings-Paket zum kommutative Diagramme zeichnen. Grad wenn man was mit Tensorprodukten macht ist das sozusagen unverzichtbar ;)
> > Wow, das ist ein ganzer Haufen von Tipps und Hinweisen,
> > danke an alle beteiligten. Ich werde bei Gelegenheit mal
> > nachsehen welche/-s der vielen Beispiele ich in den Vortrag
> > einarbeiten kann ......
>
> Vielleicht kannst du ja beantragen, deinen "Kurzvortrag"
> zu einem zweitägigen Seminar auszudehnen
Ja, wenn man genug Beispiele im Detail macht braucht man die Zeit auch ;)
Aber mal zum Begriff "Kurzvortrag": unter Kurzvortrag verstehe ich eher was was nur 5, 10 oder 15 Minuten oder so dauert. Oder vielleicht 20. Aber alles ab 45 Minuten ist nicht kurz. Und 70 Minuten ist eher lang.
Oh, und wo ich sehe dass d
LG Felix
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 13:20 Di 08.09.2009 | Autor: | matux |
$MATUXTEXT(ueberfaellige_frage)
|
|
|
|