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(Frage) beantwortet | Datum: | 10:27 Fr 28.08.2009 | Autor: | sarah_87 |
Der hessische Gesetzgeber erlässt ein Hessisches Versammlungsgesetz (HessVersG), das u.a. folgende Regelungen enthält:
(Auszug)
Abschnitt I - Versammlungen unter freiem Himmel
Art. 4
(1) Die Anmeldung einer Versammlung muss Ort, Zeit, Thema sowie den Namen des Veranstal-ters enthalten.
(2) Ausnahmen von Abs. 1 sind unzulässig. Spontane Versammlungen sind verboten und sofort aufzulösen.
(…)
Art. 8
Die Polizei darf Videoaufnahmen von der Versammlung und dem Umfeld zur Lenkung und Lei-tung des Polizeieinsatzes machen. Solche Videoaufnahmen dürfen auch zur Auswertung des poli-zeitaktischen Vorgehens gefertigt werden, sofern dies erforderlich ist.
(…)
Art. 10
Sofern durch die Versammlung eine über das übliche Maß hinausgehende Verschmutzung verur-sacht wird, hat der Veranstalter die Kosten der Müllentsorgung zu tragen.
(…)
Art.19
(1) Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtung aus Art. 4 Abs. 1 werden mit einem Geldbuße in Höhe von 5.000 Euro geahndet. (…)
Abschnitt II - Versammlungen in geschlossenen Räumen
Art. 30
(1) Eine Versammlung kann verboten werden, wenn … Umstände festgestellt werden, aus denen hervorgeht, dass der Veranstalter oder sein Anhang einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf der Versammlung gezielt anstrebt.
(…)
Der hessische Landesverband der Gewerkschaft (G) sieht sich durch die genannten Regelungen des neuen Gesetzes in seinen Grundrechten verletzt und möchte das Bundesverfassungsgericht anrufen. Auch die kleine Bürgerbewegung „Direkte Demokratie wagen“ e.V. (D) sieht sich in ihren Grundrechten verletzt. Ihre außerparlamentarische Opposition gründet sich insbesondere auf Versammlungen, die z.T. auch einen kleineren Rahmen haben. Sie sieht durch das Gesetz ihre Existenz, auch wegen potentieller finanzieller Belastung durch Pauschalgeldbußen, gefährdet.
Wie sind die Erfolgsaussichten der Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht?
hallo,
nur eine kurze frage zu den grundrechten, die zu prüfen sind...art. 8 ist einschlägig, aber würdet ihr auch art. 3 oder art 9 prüfen? ich würde das eigentlich verneinen und mich nur auf art. 8 beschränken
glg
sarah
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(Antwort) fertig | Datum: | 10:32 Fr 28.08.2009 | Autor: | Loddar |
Hallo Sarah!
Sieh mal hier, da wurde derselbe Fall bereits behandelt.
Gruß
Loddar
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:36 Fr 28.08.2009 | Autor: | sarah_87 |
ja das stimmt....nur wurde dort nicht auf die frage eingegangen, ob noch andere grundrechte als Art. 8 zu diskutieren sind...
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:38 Fr 28.08.2009 | Autor: | Loddar |
Hallo Sarah!
Das dachte ich mir fast. Daher habe ich auch die Frage oben nur als "halb beantwortet" markiert.
Gruß
Loddar
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(Antwort) fertig | Datum: | 18:20 Fr 28.08.2009 | Autor: | Josef |
> Der hessische Gesetzgeber erlässt ein Hessisches
> Versammlungsgesetz (HessVersG), das u.a. folgende
> Regelungen enthält:
>
> (Auszug)
>
> Abschnitt I - Versammlungen unter freiem Himmel
>
> Art. 4
> (1) Die Anmeldung einer Versammlung muss Ort, Zeit, Thema
> sowie den Namen des Veranstal-ters enthalten.
>
> (2) Ausnahmen von Abs. 1 sind unzulässig. Spontane
> Versammlungen sind verboten und sofort aufzulösen.
>
> (…)
>
> Art. 8
> Die Polizei darf Videoaufnahmen von der Versammlung und dem
> Umfeld zur Lenkung und Lei-tung des Polizeieinsatzes
> machen. Solche Videoaufnahmen dürfen auch zur Auswertung
> des poli-zeitaktischen Vorgehens gefertigt werden, sofern
> dies erforderlich ist.
>
> (…)
>
> Art. 10
> Sofern durch die Versammlung eine über das übliche Maß
> hinausgehende Verschmutzung verur-sacht wird, hat der
> Veranstalter die Kosten der Müllentsorgung zu tragen.
>
> (…)
>
> Art.19
>
> (1) Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtung aus Art. 4
> Abs. 1 werden mit einem Geldbuße in Höhe von 5.000 Euro
> geahndet. (…)
>
> Abschnitt II - Versammlungen in geschlossenen Räumen
>
> Art. 30
> (1) Eine Versammlung kann verboten werden, wenn …
> Umstände festgestellt werden, aus denen hervorgeht, dass
> der Veranstalter oder sein Anhang einen gewalttätigen oder
> aufrührerischen Verlauf der Versammlung gezielt anstrebt.
>
> (…)
>
> Der hessische Landesverband der Gewerkschaft (G) sieht sich
> durch die genannten Regelungen des neuen Gesetzes in seinen
> Grundrechten verletzt und möchte das
> Bundesverfassungsgericht anrufen. Auch die kleine
> Bürgerbewegung „Direkte Demokratie wagen“ e.V. (D)
> sieht sich in ihren Grundrechten verletzt. Ihre
> außerparlamentarische Opposition gründet sich
> insbesondere auf Versammlungen, die z.T. auch einen
> kleineren Rahmen haben. Sie sieht durch das Gesetz ihre
> Existenz, auch wegen potentieller finanzieller Belastung
> durch Pauschalgeldbußen, gefährdet.
>
> Wie sind die Erfolgsaussichten der Verfahren vor dem
> Bundesverfassungsgericht?
>
>
> hallo,
>
> nur eine kurze frage zu den grundrechten, die zu prüfen
> sind...art. 8 ist einschlägig, aber würdet ihr auch art.
> 3 oder art 9 prüfen? ich würde das eigentlich verneinen
> und mich nur auf art. 8 beschränken
>
Hallo sarah,
Das Grundrecht der Versammlungsfreitheit gibt den Bürger das Recht, sich gemeinsam eine Meinung zu bilden und diese auch kundzutun. Die Versammlungsfreiheit ergänzt damit das Grundrecht der Meinungsfreiheit und steht in engem Zusmmenhang mit dem Prozess der demokratischen Meinungs- und Willensbildung. Das sog. "Demonstrationsrecht" leitet sich also aus Art. 5 GG und Art. 8 GG. ab.
Viele Grüße
Josef
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(Frage) beantwortet | Datum: | 16:13 Sa 29.08.2009 | Autor: | sarah_87 |
ok...aber das beantwortet ja nicht die frage, ob im vorliegenden fall nur Art. 8 I GG einschlägig ist...
glg
sarah
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(Antwort) fertig | Datum: | 16:48 Sa 29.08.2009 | Autor: | Josef |
Hallo sarah,
> ok...aber das beantwortet ja nicht die frage, ob im
> vorliegenden fall nur Art. 8 I GG einschlägig ist...
>
was verstehst du denn unter einschlägig des Art. 8 GG bezüglich des vorliegenden Falles?
Die Versammlungsfreiheit ergänzt die Meinungsfreiheit als kollektive Basis für die Vorformung individueller Überzeugungen auf der Ebene der Meinungsbildung und die Möglichkeit, individuelle Überzeugungen im Zusammenwirken mit anderen verstärkt im politischen Prozess einbringen zu können.
Die Versammlungsfreiheit ist als Mitwirkungsrecht eines der Grundrechte, die für die Demokratie schlechthin konstituierend sind.
Zusammen mit Art. 5 GG garantiert Art. 8 GG das Recht zur Demonstration als Mittel kollektiver Meinungsäußerung in Versammlungen.
Bei Demonstrationen im öffentlichen Verkehrsraum kollidieren in der Regel die Grundrechte der Demonstranten (Art. 5, 8 GG) mit den Grundrechten der Verkehrsteilnehmer (bei bloßen Verkehrsbehinderungen mit dem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, bei Verkehrsgefährdungen mit dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit Art. 2 Abs. 2 GG). Art. 2 Abs. 2 GG ist gegenüber Art. 8 Abs. 1 GG in jedem FAll vorrangig. Kurzfristige Einschränkungen der Freizügigkeit des Straßenverkehrs (Art. 2 Abs. 1 GG) als zwangsläufige Folge einer Demonstration müssen dagegen im zumutbaren Rahmen in Kauf genommen werden.
Viele Grüße
Josef
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(Frage) beantwortet | Datum: | 15:11 So 30.08.2009 | Autor: | sarah_87 |
naja bei dem fall geht ja um eine verfassungsbeschwerde...und diese ist begründet wenn eine grundrechtsverltzung vorliegt...und meine frage ist bzgl. welcher grundrechte eine solche verletzung in betracht kommt...da müsste man auf jeden fall art. 8 I prüfen, aber gitb es noch andere grundrechte, die ihr prüfen würdet??
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(Antwort) fertig | Datum: | 16:02 So 30.08.2009 | Autor: | Josef |
> naja bei dem fall geht ja um eine
> verfassungsbeschwerde...und diese ist begründet wenn eine
> grundrechtsverltzung vorliegt...und meine frage ist bzgl.
> welcher grundrechte eine solche verletzung in betracht
> kommt...da müsste man auf jeden fall art. 8 I prüfen,
> aber gitb es noch andere grundrechte, die ihr prüfen
> würdet??
Art. 8 und Art. 9 GG
Wer damit rechnet, dass etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und dass ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art. 8, 9 GG) verzichten.
(Video-Überwachung)
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG
Unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung wird der Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG umfasst. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen". Videoüberwachung ist geradezu das klassische Beispiel des Konflikts zwischen einer Überwachungstechnik und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung: die Betroffenen wissen nicht, wer und was sich hinter der Linse der Beobachtungskameras versteckt. Er ist ihnen hilflos ausgeliefert.
Viele Grüße
Josef
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