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inhaltliche Frage zum Gedicht: An Schwager Kronos, Goethe
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 18:25 So 28.12.2008
Autor: jane882

Aufgabe
...

Hi ihr Lieben!
Ich habe ein paar Verständnisfragen bzgl. des Gedichtes "An Schwager Kronos" von Goethe...Könnte mir jmd helfen? Es geht nicht um eine Analyse sondern nur damit ich es inhaltlich verstehe!
Danke!

Spude dich, Kronos!
Fort den rasselnden Trott!
Bergab gleitet der Weg;
Ekles Schwindeln zögert
Mir vor die Stirne dein Zaudern.
Frisch, holpert es gleich,
Über Stock und Steine den Trott
Rasch in's Leben hinein!

Nun schon wieder
Den eratmenden Schritt
Mühsam Berg hinauf!
Auf denn, nicht träge denn,
Strebend und hoffend hinan!

Weit, hoch, herrlich der Blick
Rings in's Leben hinein,
Vom Gebirg' zum Gebirg'
Schwebet der ewige Geist,
Ewigen Lebens ahndevoll.

Seitwärts des Überdachs Schatten
Zieht dich an,
Und der Frischung verheißende Blick
Auf der Schwelle des Mädchens da.
Labe dich - Mir auch, Mädchen,
Diesen schäumenden Trank,
Diesen frischen Gesundheitsblick!

Ab denn, rascher hinab!
Sieh, die Sonne sinkt!
Eh' sie sinkt, eh' mich Greisen
Ergreift, im Moore Nebelduft,
Entzahnte Kiefer schnattern
Und das schlotternde Gebein.

Trunknen vom letzten Strahl
Reiß mich, ein Feuermeer
Mir im schäumenden Aug',
Mich geblendeten Taumelnden
In der Hölle nächtliches Tor.

Töne, Schwager, in's Horn,
Raßle den schallenden Trab,
Daß der Orcus vernehme: wir kommen,
Daß gleich an der Türe
Der Wirt uns freundlich empfange.

Ich habe hier leider noch ein paar inhaltliche Frage zu dem Gedicht :(
Die dritte Strophe verstehe ich irgendwie gar nicht! Ist das lyrische Ich jetzt sozusagen auf dem Höhepunkt seines Lebens angekommen? Aber was hat das mit dem ewigen Geist auf sich?!

4.Strophe: Was bedeutet "Labe dich"?!
5+6+7Strophe: Das lyrische Ich hat keine Angst vor dem Altern? Nur es will,dass sein Tod schnell vorbeigeht...ohne Alterserscheinungen wie entzahnte Kiefer etc.? Und es will freiwillig in die Hölle?? und erwartet dort einen freundlichen Empfang ?

        
Bezug
inhaltliche Frage zum Gedicht: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 18:37 So 28.12.2008
Autor: reverend

Hallo Jane,

hast du eigentlich neulich herausgefunden, wo dieses Gedicht hier zuerst erschienen ist? Ich habe nicht mehr weitergesucht.

Zum Textverständnis: "sich laben" ist die häufigere Form, das Verb war aber auch im transitiven Gebrauch, "jmdn. laben". Die Bedeutung ist fast synonym zum auch kaum noch gebräuchlichen "erquicken". Ich labe mich am Rebentranke, ich genieße den Wein.

Der "ewige Geist" ist eine deutliche Spur von Goethes Weltverständnis in Abwendung von festen Religionsformen, besonders dem Christentum. Andere haben an solcher Stelle "Weltgeist", "Weltprinzip", "Urprinzip" etc. gesagt - dieser Geist durchdringt die ganze Welt, und das lyrische Ich nimmt dieses Durchdringen wahr und wird selbst Teil des Ganzen. Diese Idee ist allerdings in fast allen Religionen in ähnlicher Weise vertreten.

Das Ich sieht dem Altern, dem Sterben und dem Tod (die letzten beiden hier klar unterschieden!) gefasst entgegen und bittet nur um Verzicht auf die unangenehmen Begleiterscheinungen, die sonst mit allen dreien je einhergehen. Selbst im Orcus (hier, wie so oft, klare Aufnahme der alten griechischen Weltvorstellungen) bittet es um Vorankündigung und freundliche Aufnahme.

Das, denke ich, hast Du also richtig verstanden.

lg,
reverend

Bezug
        
Bezug
inhaltliche Frage zum Gedicht: vers?
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 02:40 Mo 29.12.2008
Autor: jane882

Aufgabe
...

Ekles Schwindeln zögert
Mir vor die Stirne dein Zaudern.

Was bedeutet dieser Vers :(???

Bezug
                
Bezug
inhaltliche Frage zum Gedicht: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 02:58 Mo 29.12.2008
Autor: reverend

Soso. Schläfst du auch nie, liebe Jane? ;-)

Der Vers hat ja zwei Überlieferungen. Wahrscheinlicher ist das Wort "Haudern" statt "Zaudern", wenn auch so gut wie ausgestorben. In manchen Städten heißt die Taxi-Innung aber noch "Hauderer": Leute, die einen gegen Entgelt transportieren.

Dieses Wort scheint mir hier sinnvoller; im Gedicht ist es umstritten. Nach allen Regeln der Textkritik ist es aber deutlich zu bevorzugen.

"Ekles Schwindeln zögert mir vor die Stirne Dein Haudern" enthält mindestens vier so nicht mehr gebräuchliche Wörter:

1) "ekel" als Adjektiv; heutige Umschreibung eher "höchst unangenehm" als "ekelhaft" - in manchen Regiolekten hat sich "eklig" aber in dieser Bedeutung erhalten.
2) "schwindeln" für "das Gleichgewicht verlieren". Es scheint mehr ein kulturelles Phänomen gewesen zu sein, als dass es eine echte physiologische Reaktion gewesen wäre. "schwindeln" war das Gefühl direkt vor der fast unausweilichen Ohnmacht, eine weitere kulturelle Errungenschaft, die wir verloren haben.
3) "zögern" für "langsam heranziehen, näher holen" ist nicht mehr gebräuchlich.
4) "haudern" - gegen Entgelt (über Land) transportieren, siehe oben.
...und die Zusatzzahl:
5) "vor die Stirne" - "vor das geistige Auge"; einen Gedanken heraufbeschwören.

Insgesamt: ein höchst unangenehmes Schwindelgefühl macht dem Reisenden bewusst, dass dieses wohl in der Fahrweise des Kronos begründet liegt.

lg,
reverend

Bezug
                        
Bezug
inhaltliche Frage zum Gedicht: kronos
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 04:04 Mo 29.12.2008
Autor: jane882

...demnach...ist es kronos (die zeit) schuld, dass es im leben trott (also eintönigkeit und langeweile) gibt?!
oder wie könnte ich das interpretieren?

Bezug
        
Bezug
inhaltliche Frage zum Gedicht: hölle?!
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 04:01 Mo 29.12.2008
Autor: jane882

Aufgabe
...

ich verstehe irgendwie nicht wieso das lyrische ich unbedingt in die hölle will??!! ich finde nicht,dass in dem gedicht klar wird, dass er so ein schlechtes leben gehabt hat, dass er sich jetzt auf die hölle freut?! sozusagen dass die hölle schöner ist als sein bisheriges leben?
er hätte doch auch schreiben können,dass er ins paradis will?
:(

Bezug
                
Bezug
inhaltliche Frage zum Gedicht: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 23:38 Di 30.12.2008
Autor: reverend

Hallo Jane,

ich finde gar nicht, dass das so sehnsüchtig klingt. Vielleicht nimmt das lyrische Ich ja die Hölle nur als unausweichlich an - und wenn es denn schon dorthin muss, dann so bald wie möglich nach dem letzten Sonnenstrahl, und schnell. Die letzte Strophe bitte den Kronos dann ja gar um Geleit, Ankündigung und hofft auf freundlichen Empfang.

Deine Deutung scheint mir jedenfalls zu einseitig.

Grüße,
reverend

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